(1) 1Im Falle einer echtenSchadensersatzleistung fehlt es an einem Leistungsaustausch. 2Der Schadensersatz wird nicht geleistet, weil derLeistende eine Lieferung oder sonstige Leistung erhalten hat, sondern weil ernach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat. 3Echter Schadensersatz ist insbesondere gegeben beiSchadensbeseitigung durch den Schädiger oder durch einen von ihmbeauftragten selbständigen Erfüllungsgehilfen, bei Zahlung einerGeldentschädigung durch den Schädiger, bei Schadensbeseitigung durchden Geschädigten oder in dessen Auftrag durch einen Dritten ohne einenbesonderen Auftrag des Ersatzverpflichteten; inLeasingfällen vgl. jedoch Absatz 9 . 4Ein Schadensersatz ist dagegen dann nicht anzunehmen,wenn die Ersatzleistung tatsächlich die – wenn auch nur teilweise– Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung darstellt(vgl.BFH-Urteile vom22. 11. 1962, V 192/60 U, BStBl 1963 III S. 106, und vom19.10.2001, V R 48/00, BStBl 2003 II S. 210, sowieAbschnitt 150 Abs. 3 Satz 6 ). 5Beseitigt der Geschädigte im Auftrag desSchädigers einen ihm zugefügten Schaden selbst, ist dieSchadensersatzleistung als Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschsanzusehen (vgl.BFH-Urteil vom11. 3. 1965, V 37/62 S, BStBl III S. 303). 6Zur Abgrenzung zur sonstigen Leistungvgl. auch Abschnitt 24.
(2) 1Vertragsstrafen, die wegenNichterfüllung oder wegen nicht gehöriger Erfüllung(§§ 340,341 BGB)geleistet werden, haben Schadensersatzcharakter (vgl. auchBFH-Urteil vom10. 7. 1997, V R 94/96, BStBl II S. 707). 2Hat der Leistungsempfänger die Vertragsstrafe anden leistenden Unternehmer zu zahlen, ist sie deshalb nicht Teil des Entgeltsfür die Leistung. 3Zahlt der leistendeUnternehmer die Vertragsstrafe an den Leistungsempfänger, liegt darinkeine Entgeltsminderung (vgl.BFH-Urteil vom4. 5. 1994, XI R 58/93, BStBl II S. 589). 4Die Entschädigung, die ein Verkäufer nachden Geschäftsbedingungen vom Käufer verlangen kann, wenn dieserinnerhalb bestimmter Fristen seinen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nichtnachkommt (Schadensersatz wegen Nichterfüllung), ist nicht Entgelt,sondern Schadensersatz (vgl.BFH-Urteil vom27. 4. 1961, V 263/58 U, BStBl III S. 300). 5Eine Willenserklärung, durch die der Unternehmerseinem zur Übertragung eines Vertragsgegenstands unfähig gewordenenSchuldner eine Ersatzleistung in Geld gestattet, kann nicht als sonstigeLeistung (Rechtsverzicht) beurteilt werden. 6DieErsatzleistung ist echter Schadensersatz (vgl.BFH-Urteil vom12. 11. 1970, V R 52/67, BStBl 1971 II S. 38). 7Auch die Vergütung, die der Unternehmer nachKündigung oder vertraglicher Auflösung eines Werklieferungsvertragsvereinnahmt, ohne an den Besteller die bereitgestellten Werkstoffe oder dasteilweise vollendete Werk geliefert zu haben, ist kein Entgelt im Sinne desUmsatzsteuerrechts (vgl.BFH-Urteil vom27. 8. 1970, V R 159/66, BStBl 1971 II S. 6). 8Zum Leistungsgegenstand bei noch nichtabgeschlossenen Werklieferungen vgl. Abschnitt 28.
(3) 1Erhält ein Unternehmer dieKosten eines gerichtlichen Mahnverfahrens erstattet, handelt es sich dabeinicht um einen Teil des Entgelts für eine steuerbare Leistung, sondern umSchadensersatz. 2Die Mahngebühren oderMahnkosten, die ein Unternehmer von säumigen Zahlern erhebt und auf Grundseiner Geschäftsbedingungen oder anderer Unterlagen – z.B.Mahnschreiben – als solche nachweist, sind ebenfalls nicht das Entgeltfür eine besondere Leistung. 3Verzugszinsen,Fälligkeitszinsen und Prozesszinsen (vgl. z.B.§§ 288,291 BGB;§ 353 HGB) sind alsSchadensersatz zu behandeln. 4Das Gleiche giltfür Nutzungszinsen, die z.B. nach§ 641Abs. 4 BGB von der Abnahme des Werkes an erhobenwerden. 5Als Schadensersatz sind auch die nach denArtikeln 48 und 49 WG sowie den Artikeln 45 und 46 ScheckGim Falle des Rückgriffs zu zahlenden Zinsen, Kosten des Protestes undVergütungen zu behandeln.
(4) 1Die Ausgleichszahlung fürHandelsvertreter nach§ 89b HGB ist keinSchadensersatz, sondern eine Gegenleistung des Geschäftsherrn fürerlangte Vorteile aus der Tätigkeit als Handelsvertreter. 2Dies gilt auch dann, wenn der Ausgleichsanspruchdurch den Tod des Handelsvertreters fällig wird (BFH-Urteile vom 26. 9. 1968, V196/65, BStBl 1969 II S. 210, und vom25.6.1998, V R57/97, BStBl 1999 II S. 102).
(5) 1Entschädigungen an den Mieteroder Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und dieAufgabe des noch laufenden Mietvertrags sind nicht Schadensersatz, sondernLeistungsentgelt (vgl.BFH-Urteil vom 27. 2. 1969, V102/65, BStBl II S. 386 und Abschnitt 76Abs. 1). 2Das gilt auch dann, wenn derUnternehmer zur Vermeidung einer Enteignung auf die vertragliche Regelungeingegangen ist. 3Ob die Vertragsparteien die Zahlungals Schadensersatz bezeichnen oder vereinbaren, nur die durch die Freimachungentstandenen tatsächlichen Aufwendungen zu erstatten, ist unbeachtlich(vgl.BFH-Urteile vom 27. 2. 1969, V144/65, BStBl II S. 387, und vom7.8.1969, V 177/65, BStBl II S. 696). 4Entschädigungen, die als Folgewirkung einerEnteignung nach§ 96 BauGB gezahlt werden,sind kein Schadensersatz und daher steuerbar (BFH-Urteil vom 10. 2. 1972, V R119/68, BStBl II S. 403; vgl. auchBFH-Urteil vom24. 6. 1992, V R 60/88, BStBl II S. 986).
(6) 1Die Ersatzleistung auf Grund einerWarenkreditversicherung stellt nicht die Gegenleistung für eine Lieferungoder sonstige Leistung dar, sondern nicht steuerbaren Schadensersatz. 2Zur Frage des Leistungsaustauschs bei Zahlungen vonFautfrachten wegen Nichterfüllung eines Chartervertrags vgl.BFH-Urteil vom22. 1. 1970, V R 118/66, BStBl II S. 363.
(7) 1In Gewährleistungsfällenist die Erstattung der Material- und Lohnkosten, die ein Vertragshändlerauf Grund vertraglicher Vereinbarungen für die Beseitigung vonMängeln an den bei ihm gekauften Gegenständen vom Hersteller ersetztbekommt, echter Schadensersatz, wenn sich der Gewährleistungsanspruch desKunden nicht gegen den Hersteller, sondern gegen den Vertragshändlerrichtet (vgl.BFH-Urteil vom16. 7. 1964, V 23/60 U, BStBl III S. 516). 2In diesen Fällen erfüllt der Händlermit der Garantieleistung unentgeltlich eine eigene Verpflichtung gegenüberdem Kunden aus dem Kaufvertrag und erhält auf Grund seiner Vereinbarungmit dem Herstellerwerk von diesem den durch den Materialfehler erlittenen, vomWerk zu vertretenden Schaden ersetzt (BFH-Urteilvom 17. 2. 1966, V 58/63, BStBl III S. 261). 3Wegen der Einzelheiten bei derumsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Garantieleistungen und Freiinspektionenin der Kraftfahrzeugwirtschaft vgl.BMF-Schreiben vom3. 12. 1975,BStBl I S. 1132. 4Zur umsatzsteuerlichen Behandlung vonGarantieleistungen in der Reifenindustrie vgl.BMF-Schreiben vom21. 11. 1974,BStBl I S. 1021.
(8) 1Die Entschädigung der Zeugenund der ehrenamtlichen Richter nach dem JVEG ist echter Schadensersatz. 2Die Vergütung von Sachverständigen,Dolmetschern und Übersetzern nach Abschnitt 3 JVEG ist dagegenEntgelt für eine Leistung.
(9) 1Die Zahlung einesMinderwertausgleichs ist nicht als Schadensersatz zu beurteilen, wenn derwertgeminderte Gegenstand zum Gebrauch im Rahmen eines Leasingvertragsüberlassen wurde (vgl.BGH-Urteil vom 1. 3. 2000, VIII ZR177/99, BB S. 899). 2Aufdie Art des Leasingvertrags und des überlassenen Leasinggegenstands sowiedie Ursache für die Wertminderung kommt es dabei nicht an. 3Dies gilt z.B. auch bei Leasingverträgen mitRestwertausgleich. [1]
(10) Die Ausgleichszahlung für beim Baueiner Überlandleitung entstehende Flurschäden durch deren Betreiberan den Grundstückseigentümer ist kein Schadensersatz, sondern Entgeltfür die Duldung der Flurschäden durch den Eigentümer (vgl.BFH-Urteil vom11. 11. 2004, V R 30/04, BStBl II 2005 S. 802). [2]
Fundstelle(n):zur Änderungsdokumentation JAAAC-53796
1Die in denUStR 2005 enthalteneRegelung Abschn. 2 Abs. 9, wonach im Falle der vorzeitigen Beendigung desLeasingvertrages vertragsgemäß zu leistende Zahlungen desLeasingnehmers echter Schadensersatz sind, ist im Zuge der geändertenRechtsprechung und des BMF-Schreibens v. 20.2.2006, IV A 5 - S 7100 - 23/06, BStBl 2006 I S. 241 entfallen.Vertragsgemäß zu leistende Zahlungen wegen vorzeitiger Beendigungvon Leasing-Verträgen sollen künftig unter Bezugnahme auf dasBGH-Urteil v. 1.3.2000, VIII ZR 177/99nicht mehr als Schadensersatz zu beurteilen, soweit der Leasingvertrag auf dievolle Amortisation des vom Leasinggeber eingesetzten Kapitalseinschließlich des kalkulierten Gewinns abzielt. Bislang waren dieseZahlungen unter Hinweis auf dasBFH-Urteil v.24.8.1995, BStBl 1995 II S. 808 als nichtsteuerbarerSchadensersatz behandelt worden. Die Verwaltung geht davon aus, dass aufgrunddes BGH-Urteils, wonach Minderwertausgleichszahlungen wegen der Besonderheitvon Leasingverträgen, die grundsätzlich eine Vollamortisation derInvestition für den Leasinggeber beinhalten, auch unfallbedingt zumEntgelt gehören, dies auch für Zahlungen bei vorzeitiger Beendigunggelten muss, da deren Höhe sich nur am entgangenen Gesamtentgelt (fehlendeVollamortisation) orientieren kann. Soweit der Leasingvertrag nicht aufVollamortisation abzielt, sind Zahlungen eines MinderwertausgleichsSchadensersatz.
2Der neue Absatz 10 geht auf dasBMF-Schreibenv. 18.10.2005 - IV A 5 - S 7100 - 148/05, BStBl 2005 I S. 997 zurück. DieRegelung gilt entsprechend bei der Überlassung von Grundstücken zumVerlegen von Erdleitungen (z.B. Erdgas- oder Elektrizitätsleitungen) oderbei der Überlassung von Grundstücken für Autobahn- oderEisenbahntrassen oder bei Zahlungen im Rahmen vonUnternehmensflurbereinigungen.